Online-Videosprechstunde – Digitalisierung wird blockiert
Ab April 2017 wird die Online-Videosprechstunde in den EBM aufgenommen und Ärzte können diese über die gesetzlichen Krankenversicherungen abrechnen. KBV und GKV-SV haben sich im Februar auf die Vergütung und damit verbundene Anforderungen geeinigt. Mit der Online-Video-Sprechstunde soll erstmals eine telemedizinische Leistung in die Regelversorgung aufgenommen werden. Das Ergebnis ist die Verhinderung von Innovation, in diesem Falle der Online-Videosprechstunde, in der Versorgung.
Die Facharztverbände des SpiFa sind sich einig: Die Konditionen zur Einführung der Online-Videosprechstunde sind ernüchternd und die Einführung gefährdet, denn einem Großteil der Patienten bleibt die Anwendung vorenthalten. Für die Videosprechstunde bekommen Ärzte gemäß GOP 01450 eine Technikpauschale von 4,21 € und gemäß GOP 01439 9,27 € für den Online-Patientenkontakt. Sofern der Patient trotz Online-Videosprechstunde in die Praxis bestellt werden müsste, wäre diese gleich gar nicht abrechenbar – obwohl sie erbracht wurde. Beide Ziffern sind auf 800€ im Jahr begrenzt. Damit werden weder Investitionen in Technik und Software, Schulung, Aufklärung der Patienten, noch die entstehenden Kosten durch Diensteanbieter honoriert. „Diese Modalitäten sind weder für Ärzte noch für Patienten wünschenswert und stehen der Nutzung solch innovativer Versorgungsangebote im Wege“, so Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Die Anwendungsbeschränkung auf Verlaufskontrollen bspw. bei Wunden, auf visuelle Kontrollen von Bewegungseinschränkungen oder auf die Beurteilung von Stimme und Sprache lässt vermuten, dass die Einführung von Innovationen in der Versorgung nicht angestrebt ist. So geht die Einführung der Online-Videosprechstunde hinter die bereits erfolgreiche Entwicklung telemedizinischer Angebote bei Kinderärzten zurück. „Wir Kinder- und Jugendärzte bieten bereits seit mehr als einem Jahr telemedizinische Angebote für unsere Patienten in unseren Praxen.“
Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa zeigt sich enttäuscht: „Das E-Health-Gesetz sollte eigentlich ein Signal sein, dass wir in Deutschland Vorreiter bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens werden. Mit der Einführung der Online-Videosprechstunde in die Regelversorgung zu solch unwirtschaftlichen Bedingungen wird dieses Vorhaben wohl scheitern. Die Rahmenbedingungen sind realitätsfern und führen unter Umständen bei Ärzten auch zu Verlusten. […] Mit der aktuellen Regelung werden E-Health-Angebote gleich zum Start disqualifiziert und ihre Weiterentwicklung als sinnvolle Ergänzung der bisherigen medizinischen Versorgung erschwert.“ Stattdessen müssten endlich Akzeptanz und Einsatzmöglichkeiten von E-Health-Angeboten in den Praxen mit den Patienten erprobt werden. Über Selektivverträge wäre dies möglich gewesen, ist Heinrich überzeugt.
Die Informationsbroschüre der KBV zur Online-Videosprechstunde finden Sie hier. Die KBV stellt zudem eine Kopiervorlage zur Patienteninformation zu verfügen. Diese Patienteninformation finden Sie hier.